Geschichte der Pfarre Pernitz ab dem 18. Jh.

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Abermals Pest – und endlich Frieden

Zu Beginn des 18. Jh. drangen die ungarischen Kuruzen mehrmals bis ins Wiener Becken vor, bevor ihr Aufstand im Jahr 1711 niedergeschlagen werden konnte.
Für die Kleindenkmalforschung ist ein kirchliches Rundschreiben interessant, das Anfang des Jahres 1710 an alle Pfarren der Diözese Passau erging und verlangte, bei der Errichtung neuer Stiftungen auf Reversalien zu Bestehen das sind Urkunden, mit denen sich der Stifter für die dauernde Erhaltung der Stiftung verpflichtet und dazu meist die Einkünfte aus einem bestimmten agrarischen Grundstück einsetzt.
Im Jahr 1713 suchte ein letztes Mal eine große Pestepidemie Österreich heim. In Wien wurden die Schulen geschlossen, Predigten in der Kirche und jegliche große Menschenansammlungen verboten. Aufgrund der Vorbereitungsmaßnahmen und der guten Ernährungslage der Bevölkerung waren bei dieser Epidemie relativ wenig Opfer zu beklagen (nicht mehr als 9000). Im Umland dürfte die Sterblichkeit aber höher gewesen sein. Hart traf es etwa den Vorort Sievering. Zu dieser Zeit dürfte die Wallfahrt der Sieveringer auf den Pernitzer Sebastianikogel entstanden oder erneuert worden sein. Kaiser Karl VI., der mit seiner Familie in der Stadt ausgeharrt hatte, ließ zum Dank seinem Namenspatron, dem Pestheiligen Karl Borromäus, die Karlskirche erbauen.
Die Pernitzer gelobten eine jährliche Wallfahrt nach Mariazell (rund um den 29. Juni) und blieben, den Sterbematriken zufolge, vom Schlimmsten verschont.
Nach dieser Prüfung aber begann eine lange Zeitperiode, in der die Menschen relativ friedlich leben konnten.
Ein großes Unglück hatte sich jedoch am 25. Mai 1708 ereignet, als um 9 Uhr Abend auf dem Mariahilfberg ein Feuer ausbrach, das die Kirche schwer beschädigte. Das Gnadenbild, der Baum, an dem das Bild einst gehangen war und die Hirnschale des hl. Papstes Gregor I. blieben jedoch unversehrt. Auf Betreiben der Herrschaft wurde die Kirche bis 1727 neu errichtet und gleichzeitig vergrößert.
Mit der Sonntagspflicht nahm man es damals genau, das zeigt eine Begebenheit aus dem Jahr 1715: Thoma L. aus Muggendorf hatte mit seiner Frau übel gehaust, war hoch verschuldet und galt als renitent und gefährlich. Als er als junger und gesunder Mann an drei aufeinanderfolgenden Feiertagen der Kirche fernblieb, ließ ihn die Herrschaft Merkenstein zu den Soldaten zwangsrekrutieren.
Am 1. Juni 1722 wurde das kirchlich bis dahin bedeutungslose Wien mit der Bulle Suprema dispositione durch Papst Innozenz XIII. in den Rang einer Erzdiözese erhoben. So ging in der Folge (1729) das Dekanat Pottenstein samt der Pfarre Pernitz von der Diözese Passau an das Erbistum Wien über.
Noch einmal versuchte im Jahr 1737 der Graf von Hoyos das Vogtei- und Lehensrecht über die Pfarre Pernitz zu erlangen, aber auch dieses Mal war er dabei nicht erfolgreich.
Die Pernitzer Pfarrkirche war inzwischen renovierungsbedürftig, dodass der Abt von Neuberg 1743 das Kirchenschiff verlängern ließ. Schon zuvor hatten sich die Bewohner von Muggendorf und Thal gewünscht, ebenfalls die Gottesdienste in Pernitz besuchen zu dürften. Der Weg zu der für sie zuständigen Kirche in Furth (Pfarre Pottenstein) betrug drei bis vier Stunden und war wegen der sehr steinigen Gebürden insbesondere im Winter oft ungangbar, sodass Kinder nicht zur Taufe gelangten und viele Kranke ohne die heiligen Sakramente  versterben mussten. Nach langen Verhandlungen wurden im Jahr 1761 mit Erlass Kardinal Migazzis 27 Häuser (2 in Atz, 8 in Thal, 8 in Purbach, 8 in Muggendorf, 1 in Mariathal) aus der Pfarre Pottenstein herausgelöst und, verbunden mit vielen Auflagen, der Pfarre Pernitz inkorporiert. Für den Pfarrer bedeutete das eine erhebliche Ausweitung seiner seelsorglichen Verpflichtungen.

Wie in den vergangenen Jahrhunderten lebten die Waldbauern der Gegend in erster Linie von der Horzwirtschaft, wobei die Köhlerei immer bedeutsamer wurde, als sich im Wiener Becken eine metalverarbeitende Industrie herauszubilden begann. In tagelangen Ausfahrten brachten die Bauern die Ware bis nach Wien, Ungarn und Siebenbürgen. Dabei lernten sie im Jahr 1762 erstaund eine neue Erfindung kennen: Geld aus Papier!
Im Jahr 1773 begann P. Ferdinand Hauzenberger mit einer Abschrift des Schenkungsbriefes von 1446 (mit dem das Stift Neuberg die Pfarre Hernstein und damit Pernitz übernahm) die Pernitzer Pfarrchronik.
Eine Besonderheit des Gesellschaftslebens der Barockzeit waren die im Zuge der Gegenreformen entstandenen religiösen Bruderschaften. Die darin versammelten Laien verrichteten Werke der Frömmigkeit und Nächstenliebe und setzten kulturelle Impulse innerhalb der Gemeinde. In Pernitz gab es sogar vier solche Vereinigungen: die Bruderschaft der Immerwährenden Anbetung, die St. Sebastians-Bruderschaft, die Bruderschaft der Hl. Christenlehre und die Rosenkranz-Bruderschaft, die als einziege über größere Mittel verfügte.
Die Sebastianikirche, die auch in die Liturgie des Jahreskreises eingebunden war, brachte als Ziel zahlreicher Wallfahrten viele Gäste in das Dorf. Kein Pernitzer hätte es für möglich gehalten, dass diese Zierde des Tales binnen weniger Jahre zu einer Ruine werden würde.

Folgen der Josephinischen Reformen

Königin Maria Theresia, die sich nicht krönen, aber sich Kaiserin nennen ließ, hatte schon in den ersten Jahren ihrer Regentschaft eine umfassende Reformpolitik verfolgt. Auf religiösem Gebiet blieb sie jedoch die längste Zeit den Zielen der Gegenreformation verpflichtet. Anders ihr Sohn Joseph II., der mit seiner Politik die Ideen der Aufklärung fördern wollte. Mit seinem Toleranzpatent brach er das Glaubensmonopol der katholischen Kirche und erlaubte Protestanten und Juden die Ausübung ihres Glaubens. Er schaffte viele Feiertage und Kirchenfeste ab, um die Produktivität zu erhöhen. Vor allem aber mussten Ordensgemeinschaften, die keinen volkswirtschaftlichen Nutzen brachten, aufgelöst werden. Von 2113 Klöstern wurden 786 aufgehoben. Rund 36.000 Ordensleute waren davon betroffen. Das eingezogene Vermögen ging in den vom Staat verwalteten Religionsfonds ein. Dieser diente fortan zur Besoldung der Priester, die so staatliche Beamte wurden. Auch Zechen, in denen Laien an der Verwendung des Kirchenvermögens teilhatten, wurden aufgehoben.
Papst Pius VI. reiste 1782 persönlich nach Wien, um den Kaiser von seinen Reformen abzubringen. Der Kaiser reiste ihm entgegen, um ihn auf offenem Feld ohne Zeremoniell zu begrüßen. Pius VI. blieb für einen Monat in Wien, doch in keiner Verhandlung machte ihm der Kaiser Zugeständnisse, sodass der erste Besuch eines Papstes in Östrreich zwar ein gesellschaftliches Ereigniss war, aber politisch erfolglos blieb, da der Kaiser die Reformen nun eher noch verschärfte. Er zog die Grenzen der Pfarrspengel und Diözesen neu, um die Kirchgänge zu verkürzen und um die Verwaltung zu rationalisieren. So kamen im Jahr 1783 Katzenfurth, Schallhof, die Wippelhöfe und der Feichtenbacher Geyer (bis dahin Pfarre Grillenberg) zur Pfarre Pernitz, im Jahr darauf wurden zwei Häuser in der Oed (Quarb) aus Pernitz ausgepfarrt und nach Waldegg eingepfarrt.
Auch das Kloster Neuberg, dem Pernitz so viel verdankte, wurde 1786 aufgehoben, weil es zu dieser Zeit keine Schule nachweisen konnte. Viereinhalb Jahrhunderte lang hatte die Abtei Gott und den Menschen gediehnt. Geblieben ist ein Name: Der höchste Punkt ihres ehemaligen Herrschaftsgebietes auf dem Schneeberg, wo einst ein Grenzstein stand, heißt bis heute das Klosterwappen. Der Stadtrat von Wiener Neustadt aber bekam das Patronatsrecht über sechs Pfarren, zu denen auch Pernitz zählte.
1721 war die Pfarrschule (vermutlich aus dem Pfarrhof) in ein neues Haus transferiert worden, das 1733 erweitert werden musste. Durch die Allgemeine Schulordnung von 1774 wurden die Schulen nun zu einer Staatsschule unter Einfluss der Kirche.
Der letzte Conventual aus Neuberg und zugleich der erste investierte Pfarrer von Pernitz war P. Malachias Wimmer. Vieles und Merkwürdiges hat sich während der Seelenleitung des H. Pfarrers Malachias Wimmer zugetragen und doch findet sich von ihm nichts aufgezeichnet vor. Warum schweigt er? Gereichen vielleicht jene Ereignisse nicht zu seinem Ruhm? – In hoc non laudo. Deus miserratur ei! [Hierin lobe ich nicht. Gott sei ihm gnädig!] urteilt ein Nachfolger in der Pfarrchronik über Wimmer und meint damit die unrühmliche Rolle, die er bei der Entweihung und dem Abriss (1787 bzw. 1794) der den Pernitzern so teuren Sebastianikirche spielte.
Die Pfarre zählte damals bereits 1095 Seelen, davon 245 in Pernitz, 154 in Muggendorf, 146 in Thal, 141 in Feichtenbach, der Rest in Brückengegend, Oed, Purbach, Atz, Lamweg, Stöcka und verschiedene Einschichten.
Nach wie vor waren die bitterarmen, klimatisch benachteiligten und seelsorgerisch schwierigen Gebirgspfarren der Gegend bei den Priestern nicht sehr gefragt. So mancher, der aus dem Kloster oder aus einer Stadt in diese Verhältnisse kam, konnte sich nur schwer mit den Bedingungen abfinden. Die Gebirgsbewohner galten als moralisch schwach, engstirnig und stur. Dass sie dabei durchaus auch Bauernschläue bewiesen, zeigt ein Vorfall vom Ende des Jahrhunderts. 1799 beklagt Pf. Berhard Rögler (1793–1810), dass einige Mitglieder der Gemeinde Äcker voller Erdäpfel anbauen würden, ohne einen entsprechenden Zehent an die Pfarre abzuliefern. Der Erdapfel war in Niederösterreich damals noch eine neue Errungenschaft. Die Bauern meinten nun gegenüber dem Pfarrer, der Zehent wäre nur für das zu entrichten, was über der Erde wachse. Der Pfarrer konnterte, dass doch die Murken [Karotten] auch unter der Erde wachsen. Erst nach einer Anweisung von der Herrschaft Gutenstein kamen die Bauern ihren Pflichten nach.

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