Geschichte der Pfarre Pernitz 20. Jh. bis Heute

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Die Pfarre in der Nachkriegszeit

In den 1960er Jahren hatte sich ein reiches Pfarrleben entwickelt. Dazu Zählten die Katholische Arbeiterjugend, die Katholische Jugend, die Jungschar, Firmgruppen und Ministranten, die Katholische Arbeitnehmerbewegung, die Katholische Männerbewegung, das Kontakt-Café, Bibel- und Seniorenrunden, die Legio Mariae u. a. Die Politik der Öffnung der katholischen Kirche durch Papst Johannes XXIII. sowie das von ihm einberufene Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) hatte eine Aufbruchstimmung bewirkt. Auch Pfarrer Weiß standen Kapläne zur Seite, doch sollte er der letzte ortsfeste Seelsorger sein, der auf solche Hilfe zählen konnte.
1965 wurden in der Pfarrkirche gemäß den neuen liturgischen Instruktionen erstmalig ein Volksaltar aufgestellt, die Kirche aber war längst zu klein geworden. Nach langen Planungen wurde im November 1968 der größere Teil der alten Pfarrkirche abgetragen, um einen neuen Kirchenbau nach Plänen des Architekten Prof. Georg Lippert Platz zu machen. Die Gesamtkosten waren mit 5 millionen Schilling veranschlagt. Während der Bauzeit wurden die Gottesdienste im Pfarrheim gefeiert. Die Kirchweihe durch Erzbischof-Koadjutor Dr. franz Jachym fand am 28. Juni 1970 statt.

Franz Weiß

Franz Weiß wurde 1903 in Dörfl bei Kirchberg am Wagram geboren und 1934 zum Priester geweiht. Unmittelbar danach kam er als Kooperator nach Pernitz. Von 1937 an wirkte er als Kaplan in Purkersdorf und Wien Rudolfsheim, bis er 1941 als Administrator nach Pernitz zurückkam, wo er ein halbes Jahrhundert lang segensreich wirkte. Von 1965 bis 1979 war Pfarrer Weiß auch Dechant des Dekanates Piesting.
1991 trat Franz Weiß mit 82 Jahren in den Ruhestand, er hatte der Pfarre 53 Jahre lang als Priester gedient, länger als jeder andere Seelsorger seit der Gründung der Pfarre. 48 Jahre lang hatte er auch Generationen von Pernitzern in Religion unterrichtet. Pfarrer Weiß blieb als Pensionist in seiner Wahlheimat Pernitz und feierte als Konzelebrant Gottesdienst mit, zuletzt beim Kirchweihfest 1999 anlässlich seines 65-jährigen Priesterjubiläums.
Als Konsistorialrat Franz Weiß, Ehrenbürger der Gemeinden Pernitz und Waidmannsfeld, am 8. Mai 2001 im Landespflegeheim Gutenstein im Sterben lag, fragte er: Wann komm ich endlich hinauf? Man sagte ihm, dass, wenn es ihm besser ginge, er wieder in sein Krankenzimmer käme. Darauf er: Ich will nicht morgen in mein Zimmer, ich will jetzt in den Himmel! Dann sagte er noch einmal Danke für alles! und verschied. Seine sterbliche Hülle wurde im Priestergrab des Pernitzer Friedhofs bestattet.
Auf seiner Parte stand: Über die Grenzen der Pfarre hinaus wurde er wegen seines freundlichen und bescheidenen Wesens sowie seines seines guten Verhältnisses aller Menschen gegenüber, gleich welcher Religion und Weltanschauung, sehr geschätzt. Er war ein tief gläubiger Mensch und immer gerne Priester.
Mit der Erinnerung an Pfarrer Weiß untrennbar verbunden sind seine Langjährige Haushälterin Anna Thurner (†2007) sowie Magdalena Schwarz (†2003), genannt Frau Magda, die seit 1939 als Seelsorgehelferin, Religionslehrerin, in der Pfarrkanzlei, als Mesnerin, bei der Caritas und im Pfarrgemeinderat so präsent war, dass „Schwarz-Weiß“ jahrzehntelang das Pernitzer Pfarrleben dominierte.

Tertio millenio advenierte

Das dritte Jahrtausend kommt auf uns zu, so nannte Papst Johannes Paul II. seine Enzyklika zur Vorbereitung auf das Heilige Jahr 2000. Im Letzten Jahrzehnt des zweiten Jahrtausends war Mag. Mario Böhrer Pfarrer von Pernitz. Pfarrer Böhrer, der als volksnaher Hirte rasch guten Kontakt zu den verschiedensten gruppen der Gemeinde hergestellt hatte, schrieb seinen Namen auch als großer Baumeister in der Pfarrgeschichteein: Aus liturgischen Gründen nahm er die Umgestaltung der beiden Altarinseln in der Pfarrkirche in Angriff. Auch bei der Renovierung des Pfarrhofes scheute er weder Kosten noch Mühen. Als letztes Großprojekt überwachte er die vom Pfarrgemeinderat gemeinsam mit den drei politischen Gemeinden des Pfarrgebietes durchgeführte Generalsanierung des Pfarrheimes. Unter Pfarrer Böhrer gab es die ersten weiblichen Messdiener in Pernitz. Die Flurdenkmäler waren diesem Pfarrer ein Anliegen und er segnete viele von ihnen, so sie renoviert oder neu errichtet wurden.
Pfarrer Böhrer wechselte 2003 in eine neue Pfarre, er ging von Pernitz nach Ternitz. Am 1. Oktober 2003 übernahm daher Mag. Alexander Lagler die Pfarre. Die besonderen Anliegen dieses Priesters waren die Liturgie, das geistliche Leben sowie die Weiterbildung der Mitarbeiter und der Pfarrbevölkerung. Er war bemüht, etwa durch die Mitwirkung am Mitteleuropäischen Katholikentag 2004, die Pfarre im größeren Horizont der Diözese und der Weltkirche zu sehen. Es gab jedoch Meinungsverschiedenheiten mit Teilen der Pfarrgemeinde, woraufhin Pfarrer Lagler ende 2007 sein Amt zurücklegte.
Daraufhin wurde die Pfarre Mag. Paul Jachim im Rahmen der Dreipfarrengemeinschaft Waidmannsfeld, Pernitz, Scheuchenstein mitbetreut. Pfarrer Jachim wird der Bevölkerung durch von ihm gesetzten neuen Akzente in der feierlichen Gestaltung der Gottesdienste des Kirchenjahres in Erinnerung bleiben.
Am 1. September 2010 übernahm der Servitenkonvent vom Gutensteiner Mariahilfberg die Pfarre. Seit damals ist p. Klemens M. Feiertag nicht nur der Pfarrer von Gutenstein und Kirchendirektor am Mariahilfberg, sondern auch der Moderator der Pfarre Pernitz.
Erzbischof Dr. Christoph Kardinal Schönborn kündigte im September 2012 den warscheinlich größten strukturellen Umbau in der Erzdiözese Wien seit Kaiser Joseph II. an. Viele der 660 Pfarren der Erzdiözese Wien sollen in den nächsten Jahren ihre Eigenständigkeit verlieren, zu sogenannten Filialgemeinden werden, in denen Wortgottesdienste stattfinden, während die Gläubigen zur Sonntagsmesse in die nächste Zentralkirche des Pfarrverbandes kommen sollen. Vordergründig mag dies als Folge eines Priestermangels gesehen werden. Vergleicht man jedoch das Verhältnis von Priestern zu regelmäßigen Kirchgängern einst und jetzt, könnte man sich auch fragen, ob man heute nicht besser von einem Gläubigermangel sprechen sollte. Agonostizismus, Relativismus und Hedonismus haben breite Schneisen in die Reihen der Christen geschlagen, das Zweite Vatikanische Konzil hat nicht zu der erhofften Vertiefung des Glaubens geführt und für die angestrebte Neuevangelisierung Europas gibt es kaum Anzeichen.
Wie auch immer sich die seelsorgliche Situation in Pernitz in Zukunft gestalten wird, als sicher kann gelten, dass sich eine Entwiklung, die in der zweiten Hälfte des 20. Jh. begonnen hat, fortgesetzt wird: Die Rolle der Laien wird für den Fortbestand der Kirche immer wichtiger werden.

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